Ein ganz normaler Tag im Winter
Eine kalte Hundeschnauze nimmt Kontakt...

 

... zu meinem Gesicht auf: ich versuche, die Augen fest zuzukneifen und mich schlafend zu stellen. Draußen ist noch dunkle Nacht und im Bett ist es warm, aber ich habe keine Chance: Chico fordert mich sehr zudringlich auf, mittlerweile gebraucht er noch seine Pfote dazu , meine tägliche Arbeit zu beginnen. Und wie auf ein Startzeichen erheben sich auch die anderen 3 Hunde von ihren Schlafplätzen rund ums Bett, strecken sich und setzen sich in Bewegung Richtung Tür.

Aber zuerst noch streift mein Blick zufrieden über die Katzen auf unserem Bett. Tief schlafend und zusammengerollt liegen die Nachtgänger. Bei ihrer Rückkehr von der nächtlichen Pirsch in den frühen Morgenstunden, haben sie sich an den Futternäpfen in der Küche gelabt und jetzt kann sie nicht aus dem Tiefschlaf holen.
Aber - sie haben alle Näpfe leer gemacht und davor sitzen nun viele andere Samtpfoten und warten geduldig auf mein Erscheinen.

Und dann muß alles sehr schnell gehen!
Zuerst die Hunde nach draußen. Sie kontrollieren für die nächste halbe Stunde, was alles passiert ist auf ihrem Grundstück: wer war da, wann und wie lange. Ihrer feinen Hundenase entgeht keine nächtliche Begebenheit. Hat vielleicht der Fuchs oder der Marder versucht, ins Hühnerhaus einzudringen?!
Diese Zeit muß ich nutzen, um alle Katzennäpfe zu füllen und davon gibt es viele in unserem Haus. Die eine oder andere Samtpfote will zudem noch gestreichelt werden und wendet sich erst dann zufrieden schnurrend ihrer Mahlzeit zu.
In der Zwischenzeit haben die Hunde ihren Rundgang beendet und stehen Schwanz wedelnd vor der Tür. Ich öffne und die 4 sitzen erwartungsvoll in der Küche, während ich das Futter richte.
So, erstmal sind alle zufrieden! Jetzt die 12 Katzenklos im Haus von den Hinterlassenschaften befreien und neu einstreuen. Wenn das letzte gereinigt ist, kann ich fast wieder von vorne anfangen, denn das erste Katzenklo wurde schon wieder "belegt". Aber - auch die anderen Tiere melden sich lautstark, vor allem die Gänse und Hühner sind nicht zu überhören.
Für mich heißt das, warm anziehen und in die Kälte gehen!
Die Gänse watscheln gleich auf ihren Teich zu - Entrüstung, er ist gefroren. Ich nehme einen Pickel und mache ihnen den Weg zum morgendlichen Bad frei.
Ein Blick in den Ziegenstall und ins Schweingehege. Bei den Ziegen wird noch ruhig liegend wiedergekaut und die Schweine haben den Tag noch nicht wahrgenommen und "Curly" schnarcht mal wieder. Jedoch im Pferdestall meldet sich Sammy und klopft eindringlich mit seinem Huf gegen den Futtertrog (denke: tut dem Huf nicht gut und eile) und von Missy und La Ina kommt das Rufen nach Futter im tiefen Baß. Am Vorabend habe ich die Futtermischung schon vorbereitet und kann sofort die Tröge füllen und dann Heu im Offenstall verteilen. Mein Blick wandert über die vielen Roßbollen, aber das Misten spare ich mir für später auf.
Wieder schnellen Schrittes zurück in die Küche und das vorgewärmte Futter für die "Draussenkatzen" holen. Es sind die scheuen Straßenkatzen, von denen sich immer noch einige weigern, das Haus zu betreten. Sie wohnen auch im Winter in den zwei Nebengebäuden: einmal bei den Pferden und die andere Gruppe bei den Ziegen und dem Federvieh. Louis XIV. hat viel Vertrauen zu mir. Sein Kopf reibt sich an meinen Beinen und er lässt sich liebevoll streicheln. Für mich bedeutet das ein Dankeschön. Ich spüre, er ist glücklich, nicht mehr auf den Straßen wandern zu müssen mit der schweren Aufgabe Futter zu finden. Er scheint nicht mehr der Jüngste zu sein und ich hoffe, daß er bis zum nächsten Winter alle Angsthürden übersprungen hat und im Haus einzieht.
Meine Hände sind tief gefroren und es zieht mich ins Haus zurück. Auch mein Magen ruft nach "Frühstück"!!

Aber zuerst muss ich noch Holz aus dem Verschlag holen und den Kamin entfachten, denn im Haus haben wir nur noch 12 Grad und bei dieser Temperatur lässt sich ungemütlich sitzen.
Jetzt verbreitet sich der Kaffeeduft im Haus und das ist ein Zeichen für viele Samtpfoten und natürlich auch für die Hunde, Richtung Eßtisch zu wandern. Ja, ich frühstücke immer in Gesellschaft!
Während die Hunde - gut erzogen - in gebührendem Abstand vom Tisch geduldig wartend sitzen, versuchen einige Katzen einen Platz direkt neben meinem Teller zu ergattern. Ich muss sehr energisch werden, um in Ruhe frühstücken zu können, denn gerne kommt blitzschnell eine Katzenpfote und stiehlt mir ein Stück vom Teller.
(Wenn Sie mal als Besucher die Ehre haben, bei uns zu essen, dann gewöhnen Sie sich schon an den Gedanken, daß eine liebevoll bettelnde Katze Ihr Tischnachbar ist)

Noch ein Blick in die Nachrichten und aufs Wetter: Es bleibt weiterhin unter minus O Grad und es wird auch weiterhin Schnee geben.

Die meisten Katzen haben wieder ihre Ruheplätze eingenommen: es wird das Fell gereinigt, die Pfoten geleckt und ein entsetzter Blick durch eines der Fenster nach draußen geschickt: Schnee, ein furchtbares Element. Aber da gibt es auch die Hartgesottenen. Meist sind es jüngere Bauernhofkatzen, die den Sprung in den Tiefschnee wagen: fast versinken, ärgerlich ihre Pfoten schütteln und sich dann auf einen Baum oder aufs oder unter das Dach der Laube retten. Von dort aus kann man die Vögel an ihren Futterstellen beobachten und mit dem Gebiß klappern. Aber - diese flinken Gesellen sind zu schnell und es lohnt sich keine Anstrengung, sie zu jagen. Warten wir doch aufs Frühjahr, da gibt es wieder Mäuse.... oder - man begeht während des Winters einen Stall. Dort sind diese Graufelle auch in der kalten Jahreszeit aufzuspüren, wenn sie das dort eingelagerte Katzenfutter annagen wollen oder sich an den Resten des Körnerfutters von Ziegen und Federvieh gütlich tun. Ja, jeder "Tiger" geht seiner Beschäftigung nach, um dann irgendwann im Laufe des Tages einen Katzenkorb aufzusuchen, um alles Erlebte zu überschlafen.

Mein Versuch, Telefonate zu führen oder Mails am Computer zu beantworten scheitert relativ schnell; denn die Hunde möchten mit Frauchen in den Wald und auf die Wiese. Also - wieder warm einhüllen und los geht's.
Zuerst mit dem Malinois "Chico". Er ist Einzelgänger im Spaziergang und das hat seinen Grund. Ein Malinois möchte immer beschäftigt werden, auch während des Spazierganges und ich muss mir wieder einiges einfallen lassen. Der andere Grund ist: zusammen mit der Mischlingshündin "Bijou" läuft eine Wanderung anders ab: man trennt sich von Frauchen und geht zu zweit andere Wege in die Wälder und das über Stunden. Das Warten auf ihre Rückkehr zerrt an meinen Nerven und darum versuche ich dies zu vermeiden.
Zufrieden kehren wir ins Haus zurück und gleich geht es weiter: Asja, Bijou und Julie rasen laut bellend durchs Tor. Asja wälzt sich zuerst mal genüsslich im Schnee und die anderen beiden rennen über die Wiesen. Es geht bergauf, für mich und meine Beine schwierig und ich beneide meine Vierbeiner, die leichtfüßig alle Hürden im Tiefschnee nehmen. Leicht erschöpft zu Hause angekommen, setze ich mich in einen Sessel, um meine weitere Arbeit zu planen. Aber sofort bin ich "belegt", denn ein sitzendes Frauchen gibt den Katzen Anlass, sich auf und neben ihr niederzulassen und anzuzeigen, das Streicheln angesagt ist. Aber auch beim Streicheln kann ich überdenken, was weiterhin zu tun ist und meine Ruhepause darf nicht lange andauern.
Die Schweine und Ziegen werden munter und wollen ihr Futter bekommen und alle Stallungen müssen gemistet und frisch mit Stroh eingestreut werden. Im Winter eine anstrengende Tätigkeit. In allen Trögen und Näpfen ist das Wasser eingefroren und meine Hände auch!
Aber dann wird es Mittagszeit und alle Tiere halten Siesta. Dies ist meine Chance Büroarbeit zu erledigen. Umlagert von schlafenden Familienmitgliedern, die ich neidisch aber wohlwollend betrachte, greife ich zum Telefon oder zur Tastatur und erledige die angefallenen Arbeiten. Ein nettes Gespräch tut mir gut und verhindert, dass ich die menschliche Sprache verlerne und ich darf ab und an, etwas über meine täglichen Sorgen und Nöte im Tierschutz erzählen.

Ein kleines Mittagessen soll mich nun für die weitere Arbeit stärken und dann muss überlegt werden, ob ich in den nächsten größeren Ort, ca. 10 km entfernt zum Einkaufen fahre oder ob "Putz- und Wascharbeiten" fällig sind.
Ich versuche, eine Einkaufsfahrt auf einmal die Woche zu beschränken. Bei dieser Gelegenheit mache ich gerne einen Besuch zum Kaffee bei meiner Freundin. Das liegt auf dem Weg und da ich immer 2 Hunde im Wechsel mitnehme, gibt es auch für sie Abwechslung. Auf ihrem traditionellen Bauernhof mit gemütlich eingerichteten Fremdenzimmern begegnet mir der eine oder andere deutsche Urlauber und ich kann mal wieder etwas Neues aus Deutschland erfahren. Für unsere Hunde ist es zusammen mit der dort lebenden Hündin "Ricky" ein wunderbarer Spielplatz und ab und an kann man aus einer Laune heraus den Eseln und Ponys nachgehen.

Wieder zu Hause angekommen beginnt erneut die Zeit des Fütterns und Mistens und noch mal ein Spaziergang mit den Hunden. Am Spätnachmittagspaziergang beteiligen sich gerne einige Katzen. Es sind die Tiere, die Angst haben, allein den Schutz von Haus und Hof zu verlassen und im Gänsemarsch schließen sie sich unserer Gruppe an. Es sind meist 4-6 Katzen und gibt zusammen mit mir und den Hunden ein lustiges Bild.
Auch an mein leibliches Wohl möchte ich denken und begebe mich an den Herd. Natürlich bin ich wieder nicht alleine im schönsten Raum des Hauses: der Küche.
Der Kühlschrank birgt so herrliche Dinge und Katze und Hund warten mit erwartungsvollen Augen, bis ein Leckerbissen für sie abfällt.

Die Dunkelheit umgibt den Hof. Es ist still geworden in Barbey-Seroux.
Ich überdenke, ob alle Arbeiten erledigt sind und mache es mir im Sessel gemütlich. Ein wenig Fernsehen entspannt.
Ja, es war ein Tag wie jeder andere: manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Sorgen.

Gegen 21.30 Uhr ein letzter Rundgang, hören, ob in den Stallungen alles ruhig ist. Noch etwas Heu für die Pferde, hier und da ein liebes Wort an eine Katze.
Ein Ruf an die Hunde: laßt uns schlafen gehen.
Mit dem Blick in den nächtlichen Vogesenhimmel möchten wir alle Danke schön sagen und wünschen, dass die Tiere weiterhin ein glückliches harmonisches Leben führen dürfen und ich gesund bleibe, um sie versorgen zu können.

Eure Carola